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Familie Weglein

Stolpersteine Hans-und-Sophie-Scholl-Platz 2 (GPS 48.397317, 9.993133)

 

Bela Pauline Weglein, geb. Theilheimer, wurde 1862 als Tochter eines mittelfränkischen Hopfenhändlers geboren. Sie heiratete 1884 den jüdischen Textilkaufmann Max Weglein, Inhaber eines erfolgreichen Damenbekleidungsgeschäfts am Südlichen Münsterplatz in Ulm. Das Ehepaar hatte zwei Söhne und zwei Töchter. Ab 1912 wohnten sie in der Sattlergasse 19 gegenüber dem Rathaus. Max starb 1935, zwei Wochen nach der Zwangsliquidierung seiner Firma durch die Nazis. Nach 1939 wurde Bela ins „jüdische Altersheim“ Laupheim zwangsumgesiedelt und dann am 22. August 1942 mit ihrem 2. Sohn Siego und seiner Frau Resi nach Theresienstadt deportiert. Dort starb sie an Hunger am 3. Januar 1943.

Siego Weglein wurde 1887 in Ulm geboren. Er machte eine Kaufmannslehre. 1914 meldete er sich freiwillig zum Kriegsdienst und wurde schwer verwundet; durch den Verlust des rechten Beins war er Invalide. 1922 wurde er Teilhaber des väterlichen Geschäfts; er heiratete Resi, geb. Regensteiner, die 1894 als älteste von sechs Kindern in Nördlingen geboren wurde. Nach dem Besuch der Höheren Tochterschule arbeitete Resi ab 1914 in der Buchhaltung und der Firmenleitung eines Seidenwarengeschäfts in Frankfurt a.M. Sie war während des 1. Weltkriegs zeitweilig Rot-Kreuz-Krankenschwester.

Resi und Siego führten das Bekleidungsgeschäft weiter. Nach 1933 wohnten sie in der Olgastraße 62. Sie hatten zwei Söhne, Heinz und Walter, geboren 1924 und 1926. Nach dem November 1938 durften diese als Juden ihre Schulen nicht mehr besuchen. Mit einem „Kindertransport“ kam Heinz nach England, wo er sich 1942 bei der britischen Armee meldete. Aus Heinz Weglein wurde Henry Watson, der als Melder in einem englischen Panzerregiment mitkämpfte. Walter floh in die Niederlande; nach der Eroberung durch Deutschland musste er untertauchen und immer wieder sein Versteck wechseln. Er überlebte nur knapp.

Resi und Siego wurden im August 1942 nach Theresienstadt deportiert. Vielleicht weil Siego schwer kriegsversehrter Frontkämpfer war, wurden sie von der Weiterverschickung nach Auschwitz zurückgestellt. Mit Können und Pflichtbewusstsein sorgte Resi dafür, dass in den Krankenstationen unter widrigsten Bedingungen soweit wie möglich allen geholfen wurde. Siego und Resi überlebten – und kehrten Juli 1945 zurück nach Ulm. Resi Wegleins 1946 verfasster Theresienstadt-Bericht (veröffentlicht 1990) ist ein zentrales Dokument der Ulmer Erinnerung an den Holocaust. Siego starb 1967, Resi 1977 in Ulm.